Der erste Teil:
Tagebuch einer Reise
1. Tag (Mittwoch 12.08.)
Voll beladen starteten wir in Tübingen. Es gab Platz für 3 kleine Leute vorne und eine halbe Person hinten. Helen, Markus und ich passten also gerade so in den VW-Bus rein, nachdem wir Gepaeck von Tell Fecheriye, 23 Kisten aus Tuebingen, einige Kisten von Orthmann, Joerg und Lutz im Kofferraum hatten. Die Rueckbank blieb allein in Tuebingen zurueck.
Schon vor Stuttgart standen wir im ersten Stau – kurz vor Muenchen kam der naechste. Unser Tagesziel Lubiljana sahen wir in weiter Ferne.
Doch siehe da: wir schafften es sogar bis Zagreb, haben ohne Probleme die Grenzen von Oesterreich, Slovenien und Kroatien passiert und kamen sogar zu einer humanen Zeit im Hotel an.
Die Speisekarte im naheliegenden Imbiss war unverstaendlich, also waehltenen wir das uns einzig bekannte: Cevapcici. Dazu wurden wir unterhalten mit engagierten Kroatien-Fans (sie haben 1:3 gewonnen).
2. Tag (Donnerstag 13.08.)
Nach einem erstaunlich guten Fruehstueck machten wir uns auf Richtung Serbien. Nach Belgrad belohnte man die wackeren Reisenden durch eine imposante Gebirgslandschaft. Ploetzlich verlangsamt sich der Verkehr auf der nun einspurigen Strasse.
Ein zwei Fahrbahnen umfassender Schwerlasttransport fuhr vor uns her. Gluecklicherweise fuhr er schon nach wenigen Hundert Metern auf einen Parkplatz um den Verkehr durchzulassen. Die Gegenfahrbahn war an dieser Stelle abgesperrt.
Den entnervten Autofahren nach, die daraufhin panisch zu ihren Autos rannten, warteten sie wohl schon eine ganze Zeit. Insgesamt überzeugte Serbien sehr durch seine geologisch interessante Landschaft, jedoch weniger durch freundliche Grenzbeamte.
Ganz anders in Bulgarien: wir wurden freundlich empfangen und noch viel freundlicher wieder verabschiedet. In dieser Nacht verblieben wir nach ca. 850 km Fahrt in einem Motel hinter Sofia.
3. Tag (Freitag 14.8.)
Wir passierten die bulgarische Grenze, besetzt mit einer deutschsprechenden, ueberaus freundlichen Grenzbeamtin.
Dann passierten wir die türkische Grenze, besetzt mit einem ueberaus muffligen, nur tuerkisch sprechenden Grenzbeamten: willkommen im Orient!
Eigentlich hatten wir vor in Istanbul zu uebernachten. Doch die Tuerken halten nicht viel von Beschilderungen, so dass wir die richtige Abfahrt verpassten und ploetzlich an der naechsten Mautstelle standen.
Also liessen wir uns in Bolu kurz vor Ankara nieder. 770 km Strecke geschafft.
4. Tag (Samstag 15.8.)
Zuversichtlich, dass es zumindest in der Hauptstadt Schilder zur Zitadelle und dem darauf befindlichen nicht ganz unbekannten Museum gaebe, fuhren wir nach Ankara.
Nach ca. 1 Stunde Herumgeirre in den Straßen dieser 24-Stunden-rush-hour-Stadt erreichten wir endlich unser Ziel. Immerhin hat es sich gelohnt: meine lieben Kollegen waren fasziniert von hethitischen Reliefs – ich trieb mich in den prähistorischen Abteilungen herum (u.a. Catal Hoeyuek).
Da wir in Ankara leider keine Bank mehr fanden, beschlossen wir auf der Weiterfahrt in Kirikkale Stop zu machen. Wir parkte und Markus fand gleich zwei hilfsbereite Herren, die ihn zur naechsten Geldquelle transferierten. In der Zwischenzeit erregte das vollbepackte Auto
mit dem deutschen Kennzeichen die Aufmerksamkeit zweier weiterer Herren mit Funkgeraeten. Als Markus zurueck kam stellten sie sich als Polizisten vor – dies war der Zeitpunkt als wir bemerkten, dass wir genau vor dem oertlichen Polizeirevier parkten.
Zunaechst waren sie etwas beunruhigt, als wir erwaehnten, dass wir Archaeologen seien und wollten die Arbeitserlaubnis sehen, die wir natuerlich nicht hatten da nur auf der Durchreise.
Als Markus die Eintrittskarte des Ankara Museums zueckte waren sie aber schnell erleichtert, murmelten „tourist, tourist“ und wuenschten uns eine gute Fahrt.
Was lernen wir daraus? Immer die Eintrittskarten aufbewahren!
Daraufhin ging es nach Alaca Hoeyuek und weiter Richtung Hattusha, wo wir „im besten Hotel am Platz“ abstiegen.
5. Tag (Sonntag 16.08.)
Angie hat Geburtstag.
Wir goennten uns einen Ruhetag in der hethitischen Metropole. Die Fundstelle ist gross genug dort zwei Tage zu verbringen und sehr beeindruckend. Topographische Plaene sind ja nett, aber in live ist der Eindruck dann doch etwas ueberwaeltigender.
Waehrend wir in den Ruinen herumirrten begegneten uns viele Souvenirverkaeufer mit abenteurlichen Motivzusammenstellungen eingraviert in den lokalen Serpentinit. Insgesamt trafen wir 4 sogenannte Laewenmeister an diesem Tag.
Yazilikaya stand zwischendurch auf dem Programm, aber leider war das Licht gerade sehr schlecht um die Felsreliefs gut erkennen zu koennen. Helen und ich konnten nicht widerstehen und haben uns zwei etwas kurz geratene Laewen gekauft. Markus ertrug es leidlich, dass wir eine halbe Stunde um 2 Euro feilschten.
Aber es geht eben ums Prinzip. Zurueck in Hattusha hatten wir auch Markus von den Vorteilen schlechter Loewenkopien ueberzeugt und er schnappte sich den naechsten Loewenmeister (s. Foto). Harte Geschaeftsgespraeche blieben leider fruchtlos – Markus ist naemlich noch schlimmer als wir ;-).
Abgeschlossen wurde der Tag durch ein kleines Picknick auf den Huegeln von Hattusha.
6. Tag (Montag 17.8.)
Weiter gin es nach Kappadokien.
Nach vielen Fotostopps erreichten wir das Touristen-Zentrum Göreme. Dort befindet sich ein Open Air Museum christlicher Kirchen, die sich in den Tuff-Felsen dieser Landschaft befinden. Wandmalereien vorwiegend aus dem 11./12. Jh. waren die Highlights, aber allein
die Architektur ist schon beeindrucken. Weiter ging es nach Avanaos: der Keramik-Touristen-Zentrale, wo Markus seine lang ersehnte Schnabelkanne erstand. Nach erfolgreicher shopping-tour machten wir Halt in der unterirdischen Stadt Derinkuyu. Dort kann man durch viele Gänge irren, Trepp auf, Trepp ab,
im Kreis und nicht die Pfeile aus den Augen verlieren. Gebaut wurden diese Städte bereits in hethitischer Zeit, wurden jedoch in jüngeren Epochen erweitert. Sie dienten als Schutz vor feindlichen Uebergriffen. Die Gaenge liessen sich durch schwere Steinraeder verschliessen und man konnte monatelang
dort unten ausharren. Wie das Leben ohne Sonnenlicht ist? Dem Grubenzwerg gefiel die Sache auf jeden Fall.
Uebernachtet haben wir in Nigde.
7. Tag (Dienstag 18.8.)
Ziel war an diesem Tag die Mittelmeerkueste. Wieder einmal hatten wir das Problem Geld tauschen zu muessen. In Adana irrten wir wieder einmal eine Stunde herum, immerhin mit Erfolg. Das Klima war schon deutlich beeinflusst von Feuchtigkeit: heiss und schwuel und ekelhaft.
Bei Sirkeli besichtigten wir die Schlangenburg.
Ungesichert kann man dort auf allen Mauern herumklettern und den Ausblick auf die Ebene geniessen. Nur doof, dass wir mittags dort waren. Das haett echt nicht sein muessen. Aber wir konnten uns wenige Kilometer weiter bei Mirko erholen.
Nach Fuehrung durch seine Grabung verweigerten wir jedoch das Angebot dort zu uebernachten und fuhren an die Kueste. Laut Reisefuehrer in ein idyllisches Fischerdorf – laut den Touristen in eine Badeort-Hochburg. Auf jeden Fall konnte man gemuetlich die Fuesse ins lauwarme Meerwasser stecken und ein
kuehles Efes geniessen.
8. Tag (Mittwoch 19.8.)
Der letzte Tag Fahrt! Bis Urfa war alles okay. Danach hoerten die wunderschoenen leeren Autobahnen auf und eine Holperpiste begann, bei der wir uns ernsthafte Sorgen um unsere Stossdaempfer machten.
Wir machten selbstverstaendlich einen Abstecher zum Goebekli Tepe, zu dem nun eine geteerte Strasse fuehrt und sogar ein Cafe im Zelt zu finden ist. Uuuuund: er ist ausgeschildert! Unglaublich, aber wahr.
In der Grenzstadt Nussybin versuchten wir ein Hotel zu finden. In der Stadt erzaehlte man uns, dass es gerade einen Protest der Kurden gegen die Verhaftung von irgendwem gab. Alle Laeden waren geschlossen, es gab nichts zu essen. Aber wir haben dann doch noch ein Hotel gefunden. Die Stimmung war jedoch
eher bedrueckend. Sandsturm war im Anzug, das Militaer lief schwerbewaffnet durch die Gegend. Erschoepft von der Holperpiste und der Hitze, waren wir froh noch etwas zu essen zu bekommen und verkrochen uns frueh in unsere Hotelzimmer.
9. Tag (Donnerstag 20.8.)
Mama hat Geburtstag.
Grenzuebergang nach Syrien.
Frueh um 9 waren wir an der tuerkischen Grenze. Lutz wartete auf syrischer Seite auf uns.
Zunaechst lief alles sehr gut. Die Tuerken behandelten uns bevorzugt und nachdem wir einen Stempel fuer das Auto im Pass hatten, oeffnete uns dieser alle Tueren.
Zumindest bis wir bei den Syrern ankamen. Dann mussten wir erstmal warten, warten warten. Schliesslich waren wir mit Auto bei der Passkontrolle und mussten warten.
Netterweise haben uns ein paar Irakis aus Nuernberg bei der Uebersetzung geholfen. Das Auto waere ohne sie sonst wahrscheinlich nicht durchgekommen.
Finally standen wir am Zoll. Natuerlich Kofferraum oeffnen und dann gings los. Nachdem sie den 50 kg Sack Gips ausgepackt hatten und ein weisses Pulver rausbroeselte, riss Lutz, den wir auf syrischer Seite eingesammelt hatten, einen kleinen Witz von wegen Kokain und das Eis war gebrochen. 3 Kisten mussten wir auspacken, sie fanden nichts Interessantes und liessen uns ziehen. 4 km in 3 Stunden.